Der Obst- und Gartenbau hat in der ca. 320 Jahre alten Geschichte von Büchelberg schon immer einen breiten Raum in der Dorfentwicklung eingenommen. Er war für die Bewohner des Ortes zuweilen geradezu lebens- bzw. überlebensnotwendig. In dem Bienwalddorf herrschte lange Zeit größte Armut. Um dieser Armut und den Hungersnöten zu begegnen, gab es einen stetigen, schwierigen Kampf der Büchelberger, mehr Land vom nahen Bienwald zur Rodung abzubekommen, um auf diesen Flächen ihre Feldfrüchte wie Kartoffeln, Mais, Getreide, Bohnen, Hirse u.a. anzubauen, um ihre Familien ernähren zu können. Landgewinnung für Ernährung und Viehhaltung waren ein ständiger Kampf der Büchelberger. Der Obrigkeit waren jedoch in dieser Zeit oftmals Wald und Wild wichtiger als die Bedürfnisse ihrer hungernden Menschen und man stellte nur ungern Gelände des Bienwaldes zur Rodung zur Verfügung.
Schließlich wurde den Bewohnern vom Fürstbischof Hugo Damian 1755 ein ca. 10 ha großes Waldstück im sogenannten "Rossbruch" zur Rodung und Nutzung als Ackergelände und Wiese gegen Pachtzahlung überlassen. Das Gebiet wurde entstockt (gerodet), entwässert und klein parzelliert. Die Grundstücke von jeweils ca. 150-300 qm wurden überwiegend in Handarbeit bestellt. Der feuchte, moorige Boden im Rossbruch, auf welchem alles Gemüse gut gedieh, sorgte auch in trockenen Jahren für einen relativ guten Ertrag. Das Gebiet war fortan unter dem Namen "Krautstücker" bis heute bekannt. Der Gartenbau war damit entstanden. Diese Grundstücke wurden noch lange nach dem 2. Weltkrieg intensiv zum Gemüseanbau genutzt und vereinzelt noch bis in die jüngste Zeit. Heute ist dieses Gebiet (östlich des Sportplatzes) fast gänzlich mit Schilf bewachsen und wird nicht mehr bewirtschaftet.
Ende des 18. Jahrhunderts dürfte bereits vereinzelt der Obstanbau in unserer Gemarkung Fuß gefasst haben. War er doch ebenso auch ein wichtiger Beitrag zur Ernährung.
Es ist dokumentiert, dass die Gemeinde im Jahr 1813, also vor genau 200 Jahren, einen Teil des „Schmittbrunnenplatzes“ (heute Neubaugebiet am nord-östlichen Ortsrand) einem Büchelberger Schulmeister (ein Name ist nicht genannt) für die Anlage einer Baumschule überlassen hat. Vermutlich war dies der Start des Obstanbaues.
Weiter ist nachzulesen, dass ein Pfarrer namens Michael Memmel in seiner Büchelberger Amtszeit (1832-1849) im Pfarrgarten viele Obstbäume angepflanzt hatte. Beim Wegzug aus Büchelberg habe er die meisten jedoch wieder ausgegraben und mitgenommen.
Auch ein Lehrer mit dem Namen Peter Anton Seibert soll Anfang der vierziger Jahre
(1840 ff.), auf dem alten Friedhof im Ort Obstbäume angepflanzt haben. Man kann davon ausgehen, dass in dieser Zeit in der Büchelberger Gemarkung von Bewohnern des Ortes schon häufiger Obstbäume gepflanzt worden sind.
Anfang des 20. Jahrhunderts stellte der damalige Büchelberger Ortsgeistliche, Pfarrer Steegmüller wörtlich fest: „Man hat hier eine gesegnete Obstgegend; Heidelbeeren, Kirschen, und Zwetschgen die Menge, auch Birnen und Äpfel genug“. Gleichzeitig bemängelte er, „dass man damit keinen rationellen Handel betreibt und die Sachen im eigenen Haushalt auch nicht ergiebig nutzt.“ Bald nach seinem Dienstantritt in Büchelberg war es Pfarrer Steegmüller, welcher mit Vorträgen die Landwirte wieder zum Obstanbau und zur Obstverwertung anhielt. Vermutlich von ihm auf den Weg gebracht, kam im Frühjahr 1904 über den Raiffeisenverein eine größere Sendung junger Bäume ins Dorf, die gepflanzt wurden. Allerdings soll deren Pflege zunächst etwas im Argen gelegen haben.
Die Obsternte hing aber nicht nur von der Baumpflege, sondern natürlich auch von den Wetterbedingungen im Frühjahr (Frostperioden) und dem Auftreten von Schädlingen ab. So gab es beispielsweise 1906 als Folge des Hagels im Vorjahr und wegen des Kahlfraßes durch Raupen des Frostspanners, die sich vom Bienwald auf das Büchelberger Feld ausbreiteten, an Obst so gut wie nichts.
Was sich im 19. Jahrhundert offenbar sehr gut entwickelte und intensiv geerntet und genutzt wurde, waren die Heidelbeeren. Vermutlich alle Bewohner von Büchelberg und Umgebung nutzten natürlich auch ausgiebig diese Frucht zum Verkauf und Eigengebrauch für Marmelade und Wein.
Ein intensiverer Obstanbau kam vermutlich mit dem Jahr 1909 in Büchelberg auf. Der damalige Kreiswanderlehrer Setzmann hielt in Büchelberg einen theoretischen und praktischen Obstbaukurs ab und empfahl, weitere Obstbäume zu pflanzen, was auch erfolgte. Im gleichen Jahr schon, also im März 1909 schlossen sich 14 Büchelberger Bürger zusammen und gründeten den ersten Obstbauverein, welcher auch gleich aktiv wurde.
Leider gibt es keine weiteren Unterlagen mehr über Mitglieder / Vorstände und die Vereinsarbeit selbst. Jedenfalls hat der Verein offenbar lange Zeit gut funktioniert. Denn es setzte eine umfangreiche Anpflanzung von Obstbäumen in Büchelberg ein.
Auch die Vermarktung von Obst schien gut zu laufen. Viele Kirschen, Zwetschgen und Mirabellen verkauften die Büchelberger bis in die Nachkriegsjahre des 2. Weltkrieges in Nachbarorten wie Kandel, Hagenbach, Neuburg, Berg und anderen Gemeinden. Jeder Grundstücksbesitzer konnte damals vermutlich auch ein Obststück sein eigen nennen. In der Region wurden überwiegend Apfelsorten wie Schöner Boskoop, Papleu, Rheinischer Winterrambour, Goldrenette von Blendheim, und die Lokalsorten Weissapfel und Gestammter Kardinal angepflanzt. Später kamen noch weitere Sorten wie Schafsnase, Kaiser Wilhelm, Bohnapfel, Butterballen u.a. hinzu. Auch Birnen, Zwetschgen und Mirabellen wurden vermehrt angebaut. Im Ort selbst wurde ebenfalls viel Obst verwendet. Zum Beispiel zum Kuchenbacken, Dörren, und Kochen von "Dramus". Auch wurde Schnaps gebrannt und aus Äpfeln und Birnen in großem Umfange Wein hergestellt (Appelwei /Haustrunk).
In den Jahren 1930 und 1931 erhielt der örtliche Obstbauverein für das Pflanzen von Mirabellenbäumen und Beeerenobststräuchern vom Ministerium für Landwirtschaft und Arbeit in München 890 Reichsmark und von der Gemeinde 200 Reichsmark als Beihilfe.
Entsprechend einem Gutachten des Bezirksobstbauinspektors Holländer aus Kandel wurden 1930 auch auf 31 Baumstücken Äpfel-, Birnen,- Pflaumen- und Kirschenbäume mit örtlich zugelassenen Sorten veredelt. Es wurden 1300 „Pfropfköpfe“ auf bestehenden Bäumen angebracht. Oskar Winter, der später nach Hagenbach umzog und Franz Niederer, Baumschneider und Veredler aus Büchelberg, haben hier maßgeblich mitgewirkt. Beide haben auch die damals vermutlich beliebte Pfropfart "auf den Stamm pfropfen" angewandt.
Dabei wurde der Stamm des jungen Baumes auf halber Höhe abgeschnitten und mit einem oder mehreren Pfropfköpfen versehen, die dann weiter wuchsen. Es sind heute noch einzelne alte Apfel- und Birnenbäume in unserer Gemarkung zu sehen, bei welchen noch immer diese Propfart erkennbar ist. Ab der halben Stammhöhe ist der obere Teil des Stammes deutlich stärker im Umfang als das Unterteil des Stammes.
Im April 1933 forderte der Kreissachverständige für Obst- und Gartenbau eine Generalreinigung der Bäume noch vor dem Laubfall im kommenden Herbst. Obstbäume bräuchten unbedingt eine lichte Krone und keine dürres Holz. Eine Winterspritzung mit Schwefelkalkbrühe gegen Moos und Flechten sei unbedingt notwendig. Diese Maßnahmen wurden auch durchgeführt, denn die Gemeinde bezahlte dafür im Jahr danach 870 Reichsmark an den Obstbauverein.
Bei einer Erhebung im Mai 1939 gab es in der Büchelberger Gemarkung bereits knapp 2000 ertragsfähige Obstbäume und etwa 1000 noch nicht ertragsfähige Bäume!
Während des 2. Weltkrieges (die Männer waren im Krieg) und den ersten Jahren nach Kriegsende, war die Obstbaumpflege aufgrund der anderen Sorgen und Nöte der Büchelberger (Wiederaufbau der Häuser) stagniert. Es gab auch unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg den ursprünglichen Obstbauverein Büchelberg nicht mehr.
Lediglich Franz Niederer(+), ein Obstbaumpionier, war es, der auch nach dem 2. Weltkrieg noch viele Jahre die Obstbaumpflege aktiv betrieb.
Im 2. Weltkrieg waren viele Obstbäume durch Bomben- und Granatsplitter zum Teil stark beschädigt worden. Es war wieder Obstbauinspektor Holländer, der die beschädigten Bäume mit einem roten Kreuz markierte und die Eigentümer wurden aufgefordert diese zu beseitigen und neue Bäume zu pflanzen. Viele Eigentümer konnten oder wollten sich von ihren Bäumen nicht trennen und ließen sie größtenteils stehen, bis sie ganz abgestorben waren. Neupflanzungen wurden in dieser Zeit eher spärlich betrieben.
Robert Ghirardini betrieb nach dem 2. Weltkrieg bis in die 80ziger Jahre eine Obstkelterei. Die Obstbesitzer kelterten dort im Herbst ihre Äpfel und Birnen zu Most und stellten daraus mit mehr oder weniger Geschick ihren Haustrunk („Apfelwein“) her. Auch wurde vermehrt Obst (Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen) eingemaischt und Schnaps gebrannt. Es existierten damals in Büchelberg drei Schnapsbrennereien.
Vermutlich wegen der wieder einsetzenden großen Nachfrage nach Obst wurde der Obstbauverein in Büchelberg um 1950 neu belebt. Vorsitzender war der Schreinermeister Fritz Niederer(+). Noch viele Jahre war der Obstanbau in Büchelberg ein kleiner Nebenerwerb. Als die Nachfrage nach heimischem Obst Anfang der siebziger Jahres wieder rückläufig wurde, schlief auch der Obstbauverein wieder ein. Schriftliche Aufzeichnungen aus dieser Vereinsphase sind leider ebenfalls nicht mehr vorhanden.
1992/1993 war es dann Klaus Pfirrmann(+) aus Wörth, Mitglied im damaligen Vorstand des Kreisverbandes Germersheim der Obst- und Gartenbauvereine, welcher einige Büchelberger bei der Wiederbegründung des Obst- und Gartenbauvereins unterstützte.
Durch verschiedene Fachvorträge von Obst- und Gartenbauexperten Anfang 1993 wurde ein neues Interesse geweckt und so konnte am Sonntag, dem 14. März 1993 der Obst- und Gartenbauverein Büchelberg wiederbegründet werden. 32 Personen waren bei der Gründungsversammlung anwesend, welche alle dem neuen Verein beitraten. Mittlerweile hat der Verein wieder fast 100 Mitglieder.
Die 1. Vorsitzende war Maria Eckert, Stellvertreter Edgar Albrecht. Bereits 1994 übernahm Edgar Albrecht den Vorsitz, den er bis heute noch inne hat. In den folgenden Jahren bis heute ist der Verein sehr aktiv und es wurden mehrere, größere Maßnahmen durchgeführt. In vielen gemeinsamen und auch geselligen Arbeitseinsätzen wurde eine Vereinsanlage mit vielen Obstsorten am Kuhweg aufgebaut, eine weitere Streuobstwiese angelegt, der Wasserleitungsbau zur Anlage durchgeführt, zwei Geräte- und Unterstellräumlichkeiten geschaffen, ein Feuchtbiotop angelegt und ein Storchennest errichtet. Zu aller Freude wurde das Nest in diesem Jahr erstmals von einem Storchenpaar in Besitz genommen!
Durch Baumschnittkurse, Veredlungskurse und Fachvorträge wurden die Mitglieder mit Informationen und Fachwissen versorgt.
Jedoch auch die Gemeinschaft im Verein kam nicht zu kurz. Durch Vereinsfeste und Ausflüge wurde in den zurückliegenden Jahren der Zusammenhalt im Verein gefestigt und gefördert. Auch einige Neubürger haben mittlerweile den Weg zu dem Verein gefunden, was besonders erfreulich ist.
In Zusammenarbeit mit dem Naturschutzgroßprojekt Bienwald (NPG) ist der OVG dabei, insbesondere den alten Obstbaumbestand zu erfassen, zu pflegen und zu schützen. Die seit Jahren von der Ortsgemeinde und dem NGP Bienwald durchgeführte Erneuerung und Erweiterung des Streuobstwiesenbestandes wird ebenfalls vom Verein unterstützt.
Dank gilt an dieser Stelle den vorausgegangenen Generationen, die mit Arbeit, Ausdauer und Fleiß in der Büchelberger Gemarkung eine Streuobstwiesen-Landschaft geschaffen und hinterlassen haben, die einmalig in der gesamten Region ist und immer wieder Biologen, Wissenschaftler und Fotografen anzieht. Dieses großartige Erbe gilt es zu wahren und fortzuführen.
Möge der Obst- und Gartenbauverein Büchelberg e.V. in diesem Sinne weiterhin eine gute und erfolgreiche Zukunft haben!
Quellen:
Albert Ritter, Orstchronik von Büchelberg "Leben im Bienwald"